Thank you, Gutenberg!

„O printing! How thou hast disturbed the peace of Mankind“, schrieb der englische Dichter Andrew Marvell vor rund 440 Jahren. Mit anderen Worten: Die Verbreitung von Nachrichten durch Massenmedien sorgte in seinen Augen für gewaltige Unruhe. Böse Journalisten! Die Geschichte der technischen Grundlagen unseres Berufes habe ich am Freitag auf einer Exkursion ins National Print Museum hautnah erlebt. Vom Setzkasten für Gutenbergs bewegliche Lettern über erste Setzmaschinen, Druckpressen und revolutionäre Geräte wie der per Fuß betriebene Locher gab es dort einiges über die Entwicklung der Druckerei zu sehen. Typisch irisch fand ich in dem Zusammenhang folgende Geschichte: Éamon de Valera (der erste Premierminister der unabhängigen Republik), der neben seinen politischen Aktivitäten auch eine Zeitung herausgab, weigerte sich, für deren Druck eine in England (AAH, DER FEIND!) hergestellte Maschine zu benutzen. Also ließ er extra ein amerikanisches Modell importieren. Neben dieser erbaulichen Geschichte durften wir außerdem unsere Namen selber mit Hilfe von Gutenbergs Lettern, Tinte und einer Handpresse auf einem Blatt Papier verewigen. Toll, ohne den guten Johannes wäre das nicht möglich gewesen …

Gestresst von so viel kulturellem Input, waren wir am Abend mit ein paar Iren in einem sehr netten Pub namens The Foggy Dew. Er liegt neben dem unsäglich hässlichen architektonisch interessanten Gebäude irgendeiner Bank, gerade so am Rand des Touristen- und Kneipenviertels Temple Bar. Meiner Meinung nach sehr empfehlenswert, das Bier ist nicht zu teuer, der Pub sehr gemütlich und die Musik definitiv nach unserem Geschmack. Endlich mal mit ein paar native speakers unterwegs zu sein, war jedenfalls eine interessante Erfahrung.

Kleine Anmerkung am Rande über das irische Fernsehen: Auf RTÉ, der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt Irlands, fangen die Spielfilme bzw. das Abendprogramm nicht nur eine Stunde später an als in Deutschland, nein, sie zeigen Filme auch ungeschnitten (möglicherweise wegen der späteren Anfangszeit). So bin ich in den Genuss einiger Szenen aus Braveheart gekommen, die ich im deutschen Fernsehen noch nie gesehen habe … ich muss aber sagen, dass die zusätzlichen Blutspritzer das Gesamterlebnis nicht allzu sehr aufgewertet haben.

Seit einigen Tagen hat sich in Dublin übrigens der Frühling eingeschlichen. Die ersten Blumen beginnen zu blühen, die Sonne scheint und es wird tatsächlich etwas wärmer. Bei tollem Wetter sind wir also am Sonntag nach Howth gefahren, einem kleinen Ort am Meer. Hauptattraktion für weibliche Besucher sind vermutlich die freilebenden Seehunde (oder Robben? Als Biologin müsste ich es eigentlich wissen, aber ich bin mir nicht sicher), die sich gerne im Hafenbecken von Howth tummeln. Man muss allerdings keine Biologin sein, um dieses Verhaltensmuster zu erklären: Die Fischhändler drumherum verkaufen extra Futter und werben mit „Feed the seals“.

Neben dieser tollen Erfahrung mit beinah wilden Tieren kann man in und um Howth aber auch sehr schön spazieren gehen. Wir sind auf einen der Hügel geklettert, von dessen Spitze aus man einen wunderschönen Blick über Dublin und die irische See hat. Allerdings sind die Iren nicht besonders gründlich darin, Wege für Besucher und Touristen ordentlich auszuschildern, so dass wir ein paar Mal ungewollt auf einem Golfplatz gelandet sind und ein paar Mal querfeldein gestapft sind, um ans Ziel zu gelangen. Bei schönem Wetter ist es sicher auch nett, an der Küste der Halbinsel entlangzuwandern, aber dafür war es uns dann doch noch zu kalt und windig.

– Steffi

Eichhörnchen-Dödel

Manchmal kommt es anders als man denkt. Der angekündigte Zoobesuch hat sich wegen eines unerwarteten aber erfreulichen Anrufs (ja, Jakob, DU bist gemeint 😉 ) nach hinten verschoben. Verschoben hat sich zum Glück in dieser Woche auch unser Stundenplan. Irish Cultural Studies ist auf Montagnachmittag verlegt worden, was uns sehr gelegen kommt. Zum einen sparen wir uns so eine vierstündige Pause am Dienstag, zum anderen ist die Gruppe nun kleiner geworden. Das war vor allem in dieser Woche sehr passend, da uns Marc Gallagher zumindest ein kleines bisschen in die irische Sprache eingeführt hat. Wir können jetzt immerhin Leute begrüßen (Dia Dhuith), uns vorstellen (Steffi is animn dom) und unseren Pubgefährten zuprosten (Slainte).

So langsam haben wir auch eine klare Vorstellung davon, was in diesem Semester eigentlich von uns erwartet wird und das ist, um es auf den Punkt zu bringen, nicht viel. Neben den praktischen Kursen in denen wir nur Artikel und Hörfunkbeiträge („packages“) produzieren müssen, bleiben noch ein etwa dreiseitiger Essay für einen Ethik-Kurs, ein Aufsatz über eine wichtige Person der irischen Geschichte, eine Buchvorstellung und für mich eine Klausur und ein weiterer Essay. Das sollte zu schaffen sein, vor allem, weil das Niveau der Kurse nicht allzu hoch ist.

Am Dienstagnachmittag haben wir dann in Begleitung einiger anderer Erasmen den Zoobesuch nachgeholt. Mit dabei: Anne, Annelen, Céline, Charlotte und Damien. Letzterer hat seit er hier ist sein Englisch noch nicht groß verbessert, aber zwei deutsche Wörter gelernt, die er mit Freuden immer wieder gern wiederholt: Eichhörnchen und Dödel. Unvorstellbar groß war dementsprechend die allgemeine Erheiterung, als wir gleich im ersten Gehege eine kleine Affenart entdeckten, die auf Englisch Squirrel-Monkeys genannt wird. Hurra, ein Aisch-örn-schön-mon-ki (original franz-englische Aussprache) und was zeigten uns die kleinen Kletterer voll männlichen Stolzes? Richtig. Ihre Dödel …

Ansonsten gab es in dem Zoo das übliche Repertoire an Tieren: Tiger, Elefanten, viele Affen, kleine Pandas (meine absoluten Lieblinge), Löwen, langweilige Huftiere, und ein Nilpferd, das wir aber leider übersehen haben. Richtig lustig war’s auch im Savannengelände, weil der pubertierende Giraffenbulle eine indignierte Straußendame mit einem Affentempo kreuz und quer durchs Gehege gejagt hat. Erschöpft von diesem bewegenden Erlebnis und ziemlich durchgefroren, weil die Sonne doch noch nicht so warm schien wie sie aussah, gabs dann noch nen heißen Kakao im hübschen Teepavillon.

Gestern Abend gab es dann ein kulinarisches Highlight: Charlotte hatte zur Crêpes-Party geladen. Da jeder etwas mitgebracht hatte, konnte man beim Belegen seine Kreativität so richtig ausleben. Gewonnen haben in meinen Augen die Kombinationen Frischkäse/Salami, Nutella/Honig und Zitrone/Zucker. Anton konnte außerdem mit einfachen aber raffinierten Zaubertricks punkten (fragt ihn danach, wenn wir wiederkommen, er wird sie gerne vorführen).

Nachdem es in dieser Woche schon ein paar wirklich schöne Sonnentage gab, hoffen wir nun auf besseres Wetter, damit wir am Wochenende nochmal zum Meer fahren können. Wir können ja schließlich nicht nur in Pubs rumsitzen. 😉

– Steffi

Return of the Woolshed

Wir haben hier ja schon einige Nachfragen nach Ausgehtipps bekommen: Hier ist wieder einer! Dicey’s (nahe Stephen’s Green) ist eine Art moderner Pub mit Tanzfläche und riesigem Biergarten. Und das beste: Am Mittwoch kostet jedes Getränk und die meisten Essen nur 2 Euro (und am Donnerstag 3 Euro)! Das scheint eine Werbeaktion zu sein und man kann sagen: Es funktioniert. Der Laden wird mittwochs ziemlich voll. Nachteil: Wenn man nach acht Uhr kommt, zahlt man Eintritt. Und die Türsteher können keine Uhren lesen, also besser vor halb acht da sein… Die Musik geht in Richtung 80er und Rock, auch wenn gelegentlich mal andere Richtungen wie HipHop etc. gespielt werden. Und für die Raucher ist der Biergarten natürlich ein riesiges Plus! Wir haben jedenfalls die meiste Zeit draußen und stehend verbracht, aber da so ungefähr fast alle Erasmus-Studenten vor Ort waren, wurde es nie langweilig („Kennen wir uns schon? Ich bin xy aus soundso…“). Zum Vergleich nochmal die Preise anderer Läden: Eine Pint (0,5 Liter) Guinness im Touristenviertel Temple Bar kostet 6,25 Euro, woanders zwischen 4 und 5 Euro – und im Dicey’s (Mittwochs) 2 Euro.

Es mag jetzt so wirken, als wären wir nicht zum Studieren sondern als Kneipentester hier. Das ist bösartige Propaganda und kann leicht widerlegt werden 😉 Am Dienstag haben wir unseren Artikel abgegeben, den der Dozent nach kurzem Überfliegen mit einem wohlwollenden Lächeln bedachte. Im Moment sitzen wir dafür an einem „Assignment“ für Irish Cultural Studies. Hier funktionieren die Kurse so: Man bekommt zu Beginn des Semesters gesagt, wieviel Prozent der Note welches Assignment (das sind mehr oder weniger große Aufgaben) bringt. Anwesenheit, Essays, Prüfungen und kleinere Hausaufgaben können alle so ein Assignment ausmachen. Das Assignment für Cultural Studies diesmal: Wir haben eine Liste mit Dubliner Bauwerken gekriegt und sollen über jeweils eines in jeder Kategorie einen Absatz schreiben. Die Kategorien sind Straßennamen, Gebäude, Plätze, Brücken, Parks, Stände, Museen, Statuen, Pubs und Schlösser. Dieses Assignment macht 20% der Gesamtpunkte des Kurses aus. Das ist schon etwas Arbeit, weil man als guter Journalist ja nicht nur Wikipedia abschreiben will. Zum Glück haben viele der genannten Bauwerke/Orte eigene Homepages.

Erfreulicher gestaltete sich da eine Internationale Fressparty bei Damien mit anschließendem Discobesuch. Damien wohnt etwas außerhalb der Stadt, leider im Norden (und somit weit weg von uns), weswegen wir mit dem Auto gefahren sind. Ich muss sagen: Den Fahrer zu machen, ist für mich nie ein Problem gewesen. Dummerweise sind die meisten Partys hier eindeutig auf Alkoholkonsum ausgelegt und von Erasmusstudenten wird ein „Nein“ zum Alkohol nur schwer akzeptiert. Selbst wenn man sonst mittrinkt und eindeutig sagt: „Ich muss fahren.“ Genug gemeckert, denn das Essen war super. Es gab internationale Spezialitäten… naja, deutsch-französisch-belgische Spezialitäten, unser Freundeskreis ist eben doch noch ländertechnisch etwas beschränkt. Wir brachten Kartoffelsalat, Anne Sauerkraut und Annelen Bier, die Franzosen warteten mit französischem Käse und Crepes auf und die Belgier mit Pflaumen im Speckmantel. Sehr lecker, das alles. Danach waren wir im Globe, einer Bar/Disco mit viel Alternative-Rock, was Steffi und mir definitiv besser gefallen hat, als die Alternative (die heißt: Electro, R’n’B und HipHop).

Last but not least gab es gestern die Rückkehr des Rugby-Schauens im Woolshed. Diesmal mit Bildern! Gespielt haben Irland und England – und es war eindeutig spannender als das Match Irland-Italien, das ja haushoch zu Gunsten der Iren ausging. Jetzt, wo wir die Regeln einigermaßen verstehen – und einen Iren gegenüber am Tisch hatten, der sie uns nochmal erklären konnte – können wir an den entsprechenden Stellen richtig mitfiebern. Zum Glück haben die Iren kurz vor Schluss noch die Führung zurückerobert und gewonnen, so dass die Stimmung allgemein gut war. The Woolshed ist wirklich eine nette Sportsbar. Einziger Nachteil: Wenn man einen Sitzplatz will, muss man zwei Stunden vor Matchbeginn da sein. Wenn man einen GUTEN Sitzplatz will (z.B. in Richtung auf die Leinwand, zwecks Nackenschmerzvermeidung), muss man dort wohl übernachten.

Heute gehts mal wieder ins Fitnesstudio (wir waren faul die letzten zwei Wochen…) und danach in den Zoo, der sich bekanntermaßen im Phoenix Park befindet.

– Anton

Fliegende Fische, Pizza und Suizidtauben

Wir hinken gerade ein bisschen mit diesem Blog hinterher. Dafür gibts heute einen etwas längeren Post. Womit fange ich an? Vielleicht mit der Taube, die wir dabei beobachten konnten, wie sie sich todesmutig (oder todesdoof) vor ein heranrasendes Auto setzte. Dubliner Tauben sind anscheinend gewohnt, dass man sie ignoriert und nicht aufschreckt. Okay, der Fahrer hat sie ignoriert… Das Vieh lebt noch, hat aber Federn gelassen. Jede Menge Federn. Wer in nächster Zeit nach Dublin kommt und eine Taube findet, die aussieht als hätte man ihr den Schwanz gerupft – die haben wir auch schon gesehen.

Neben Taubert Enke hatten wir viel Spaß mit unseren Mit-Erasmen. Zum einen gabs ein leckeres Pizzaessen bei Anne (einer Journalistik-Studentin aus Leipzig). Die anwesenden Belgier wollten unbedingt Eigelb auf die Pizza packen. Steffi und ich haben aber drauf verzichtet. Dafür haben wir uns bei „Wahrheit oder Pflicht“ schonungslos zum Affen gemacht: Steffi musste z.B. eine Mülltüte als T-Shirt tragen… okay, die Idee war von mir, aber nur als Retourkutsche auf einen Striptease meinerseits. Wie man sich denken kann, hatten wir viel Spaß dabei. Besonders als Annes Mitbewohner Blake kam und erzählte, wie er seinen Arbeitskollegen verdroschen hat. Der hatte es wohl auch verdient – er hat erzählt, dass Blake Geld gestohlen hat – dennoch scheint es hier in Irland üblicher, Konflikte per Boxen auszutragen. Woher sollten sonst die ganzen blauen Augen kommen?

Produktiv waren wir natürlich auch. Zunächst jedoch nicht in eigener Sache: Annelen hat einen Artikel darüber geschrieben, mit welchem Fortbewegungsmittel man hier im Südwesten von Dublin am schnellsten vorwärts kommt. Dafür wurden dann alle Erasmen, die wir kennen mobilisiert. Wir haben mit unserem treuen VW Fox leider nur den dritten Platz belegt – Parken war nämlich Teil der Aufgabe. Ja, hier in Dublin ist man mit dem Fahrrad schneller als mit dem Auto! (Und mit dem Bus auch, zumindest wenn das Rennen direkt an der Bushaltestelle beginnt 😉 ). Für jene, die es interessiert: Am schnellsten war wie erwähnt das Fahrrad, dann kam der Bus, danach wir mit dem Auto, dann der Fußmarsch und erst dann die Luas (aber dazu muss man sagen, dass deren Endhaltestelle auf der anderen Flussseite lag). Annelen sollte jedenfalls genug Stoff für ihren Artikel haben.

Unser Artikel ist noch nicht fertig, obwohl wir den schwierigsten Teil (Interview mit einem Immigranten) abgeschlossen haben. Das Thema ist nämlich: Migranten in den Liberties (der südwestliche Stadtteil, für den wir schreiben). Uns fehlen noch die Einschätzung einer Expertin und ein paar Statistiken, aber ich denke, die sollten wir morgen ohne Probleme zusammenkriegen. Fotos haben wir auch schon gemacht. Die Arbeit bei der Uni-Zeitung „Liberty“ ist allerdings für uns ein bisschen schwierig. Nicht technisch, sondern weil dort Zweitsemesterstudenten mit wenig/keiner praktischen Erfahrung sitzen und uns von oben herab dirigieren. Beispiel: Wir wollten eigentlich zwei Artikel schreiben und als „dem“ Migranten-Artikel in der Redaktionskonferenz 500 Wörter eingeräumt wurden, habe ich mich vorsichtig mit den Worten gemeldet: „Ähm, das sollen eigentlich zwei Artikel sein.“ Darauf ein Blick wie an einen Geistesgestörten und ein herablassendes: „Nein, jetzt nicht mehr.“ Schön, dass man uns das auch mal sagt. Egal, wir werden damit leben müssen. In der letzten Ausgabe waren jedenfalls jede Menge Artikel, die… sagen wir mal wenig Rechercheaufwand brauchten. Wir wollen es besser machen und das lassen wir uns auch von arroganten Zweitsemestern nicht vermiesen.

Erfreulicher war da unser Ausflug zum hiesigen Sealife in Bray, einem kleinen Städtchen ganz in der Nähe von Dublin. Wir waren ja schon im Sealife Oberhausen, aber die Niederlassung in Bray ist definitiv gemütlicher. Entspannungsmusik, plätscherndes Wasser und verhältnismäßig wenig andere Besucher. Steffi hatte viel Spaß mit den Rochen – die wurden nämlich gefüttert, außerdem spritzten sie gern aus dem Becken und man konnte sie sogar streicheln (ein wenig illegal). Ein neues Tier, dass sich neben Elefant, Tamandua und Seelöwe auf Steffis „Hab-ich-gestreichelt“-Liste wiederfinden darf.

Last but not least haben wir uns mit günstigen Filmen eingedeckt (kino.to lädt leider sehr langsam hier). Darunter solche Perlen der Filmgeschichte wie Snakes on a Plane, Hellraiser und zwei Filme der Resident Evil-Reihe, aber auch Mel Brooks‘ „The Producers“, Schlaflos in Seattle und Tiger and Dragon. Alle nur mit englischer Tonspur natürlich – so lernt man die Sprache. Satz des Tages: „I have had it with these motherfucking snakes on this motherfucking plane!“ (Samuel L. Jackson rockt!). So, wir versuchen in der Mitte der Woche wieder zu schreiben. Hoffe euch gehts gut – schreibt mal ein paar Kommentare, damit wir merken, wer hier mitliest. 😉

– Anton

Seekrank in den Bergen

Beim Stichwort „Valentinstag“ (den die Iren übrigens auf eine Valentinswoche ausgedehnt haben!) denken viele Menschen an kitschige rote Rosen, Herzchen und Blumensträuße. Wir dagegen denken vielmehr an Würstchen, Bacon und Bohnen. Warum? Weil wir den Tag der Liebenden mit einem zünftigen „Irish Breakfast“ begonnen haben. Neben den bereits erwähnten Leckereien standen noch Rühreier und Brötchen auf dem Tisch.

Dermaßen überfressen gesättigt, brachen wir anschließend zu unserem Sonntagsausflug nach Glendalough auf. In diesem Tal stehen nicht nur ein paar schöne Ruinen und keltische Grabkreuze, man kann dort auch sehr schöne Spaziergänge durch den Wald und an einem Wasserfall entlang machen. In Glendalough lebte außerdem laut Legende der Heilige Kevin. Seine Heiligkeit beruht auf seiner großen Keuschheit, die er beeindruckend unter Beweis stellte: Als eine hübsche Frau sich ihm mit unsittlichen Absichten näherte, widerstand er ihren Reizen und warf sie als Zeichen seiner Abneigung in den See. Dummerweise ertrank die holde Schönheit, so dass Kevin (der übrigens auch ein sehr inniges Verhältnis zu Vögeln hatte) die nächsten Jahre als Einsiedler in tiefer Reue verbrachte.

Um zu Kevins Residenz zu gelangen, mussten wir allerdings zuerst die Wicklow Mountains überqueren. Ein sehr schöner Anblick, den wir hier gerne wiedergegeben hätten – nur leider hatte Anton den Akku der Kamera vergessen, so dass meine Beschreibung ausreichen muss. Die Wicklow-Berge sind nicht wirklich hoch – der höchste Gipfel misst 925 Meter. Aber sie sind hoch genug, dass noch Reste des „Big Freeze“ (wie die Iren ihre fünf Zentimeter Schnee im Januar nennen) darauf liegen. Wo keine Schneeflecken liegen, sind die Hügel mit Heidekraut bedeckt, das um diese Jahreszeit allerdings eher braun als grün ist. Dazwischen liegen einzelne graue, oft bemooste Steine und Felsbrocken. Man erwartet jeden Moment einen Highlander mit Kilt und Axt, der ziellos aber optisch ansprechend durch die Hügel läuft. Immerhin: In den Wicklow Mountains wurden Szenen für Mel Gibsons Braveheart gedreht – irgendwann gab es dort also mal dekorative Highlander.

Das Problem an der Straße durch die Mountains ist allerdings, dass sie in Deutschland allenfalls als besserer Waldweg durchgehen würde. Sie ist voller Schlaglöcher und Huckel und ist außerdem sehr schmal. Weil sie so uneben ist, war uns beiden nach der Fahrt ziemlich flau im Magen, ähnlich wie bei einer Fährfahrt mit hohem Wellengang. Dafür wurden wir aber mit einer grandiosen Landschaft und wunderschönen Ansichten entschädigt – zum Beispiel tiefhängende Wolken, die sich scheinbar an den Gipfeln der Berge verfangen haben, oder ein Regenbogen, der sich quer über die Straße spannte. Den Topf voll Gold haben wir aber nicht gesucht.

In der vergangenen Woche haben wir außerdem den Pub mit dem „besten Bier Dublins“ besucht. Angeblich kehren dort sogar die Guinness-Brauer selbst ein, weil das Stout dort so lecker ist. Apropos lecker: Die Iren haben eine seltsame Vorliebe für Pommes oder besser gesagt, fritierte Kartoffelspalten. Die werden zu beinah jedem Gericht serviert: Lasagne mit Pommes, Curry mit Pommes, Spaghetti mit Pommes – ja, sogar Backkartoffel mit Pommes.

In dieser Woche werden wir uns stärker dem Studium widmen müssen, denn der erste Artikel für die Studentenzeitung ist fällig. Trotzdem gibt es beim nächsten Mal wieder Fotos, versprochen!

– Steffi

Sleeping with Dinosaurs

Schock am Morgen: Keith klopft an unsere Zimmertür (höchst ungewöhnlich) und erzählt uns, dass auf dem Flur „einer liegt“. Tatsache: Ein menschlicher, um nicht zu sagen männlicher Körper, das Handy neben sich und alle Viere von sich gestreckt, liegt dort auf seinem Bauch. Tot? Nein, anscheinend dann doch nur ein Ire, der soviel getrunken hat, dass er auf dem falschen Flur gelandet ist. Im wahrsten Sinne des Wortes. Trotzdem wollte der Gute seinen recht unbequemen Platz nicht gegen sein Bett eintauschen. Nun ja, jeder wie er meint… als wir zur Uni gingen, war er weg.

Davon abgesehen lernen wir derzeit dazu. Über Irlands schönste Plätze und die generelle Lage der Städte (Irish Cultural Studies), über Arbeitsabläufe bei den hiesigen Studentenmedien (Radio/Print Practise), in gewissem Maße sogar etwas darüber wie sich Journalisten zu verhalten haben (Ethics and Current Issues) – wobei die Vorträge von Mr. Eurich in Dortmund doch um einiges überlegen sind, was Hintergrundwissen und Präsentation angeht. Vielleicht sind wir da auch einfach verwöhnt. Ach, und natürlich nimmt auch unsere Sprachfähigkeit zu. Das liegt nicht nur an den ständigen Dialogen mit anderen Erasmen und den Iren, sondern auch daran, dass wir den Kurs „English in the media“ belegt haben und so interessante Sachen erfahren wie „liberal bedeutet auf englisch ‚linke Mitte‘, während die deutschen Liberalen als Konservative bezeichnet würden“. Sehr nützlich, da wir vorher doch arg verwirrt waren.

Mittlerweile hat sich unser Sportpensum auf mindestens 3mal pro Woche eingepegelt und auch die Laufwege zur Uni sind bereits mehr Gewohnheit denn Ärgernis. Wir können uns in Dublin mehr oder weniger gut zurechtfinden und haben einiges mehr unternommen. Zu erwähnen sei hier beispielsweise der Besuch in einer „Sports Bar“ (kurz vor Spielbeginn mangels Sitzplätzen nicht zu empfehlen). Immerhin, wir haben dort unser erstes Rugby-Match geschaut. Ein interessanter Sport, weniger brutal als erwartet dank Regeln, aber dennoch sehr kontaktfreudig im Vergleich zu Fußball u.ä. Auf dem Weg dorthin sahen wir auch eine Dino-Ausstellung, womit auch gleich unser nächstes Ausflugsziel geklärt war. Dort brüllten uns gut gemachte, wenn auch nicht besonders zahlreiche Modelle von Dinosauriern an und ich hatte ein gewisses Deja Vu… ich glaube, ich habe diese Ausstellung vor Ewigkeiten mit Tante und Onkel besucht. Wir hatten jedenfalls Spaß.

Außerdem haben wir unsere direkten Nachbarn kennengelernt und waren mit ihnen und den britischen Mädels bei der erwähnten 80er Party. Anscheinend hat’s da gefunkt, zumindest bei den Jungs… ob die Britinnen interessiert sind, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Aber die Musik war definitiv mehr nach unserem Geschmack, als die letzte Party (bei der R’n’B, Electro und House gespielt wurden). Und so wurde es eine lange und vergnügliche Nacht in Temple Bar!

– Anton

Starts ins Studium

„Everyone who uses German or French will go out of the window – I’m not joking, it happened before!“

Wenig freundlich, wenn auch mit einem Augenzwinkern, machte uns Dozent Noel Deeney gleich zu Beginn des Kurses „English in the media“ klar, was er von seinen Studenten erwartet, oder vielmehr nicht erwartet.

In dieser Woche gingen die Vorlesungen am DIT los und wir konnten in alle Kurse hinein schnuppern. Wie in Dortmund setzt man auch hier auf eine Kombination aus praktischen Kursen (Produktion einer Stadtteilzeitung und einer Radiosendung) und theoretischen Seminaren über Geschichte, Ethik oder soziologische und politische Strukturen. Mit 12 bzw. 14 Wochenstunden, die wir an der Uni verbringen, ist der Stundenplan relativ locker. Vermutlich werden einige Kurse aber auch einen hohen Anteil an Heimarbeit erfordern. Tot arbeiten werden wir uns zwar sicher nicht, aber nur die Füße hoch legen ist auch nicht drin.

Schon deshalb im wahrsten Sinne des Wortes nicht, weil die Kurse zum Teil sehr unglücklich liegen – mit Pausen von vier Stunden dazwischen -, was dazu führt, dass wir an drei Tagen zweimal zur Uni laufen müssen. Und bei einer Einzelstrecke von rund 2,5 Kilometern macht das schon eine ganz ansehnliche Tagesleistung …

Die sozialen Kontakte beschränken sich im Moment noch großteils auf andere Erasmus-Studenten. Das führt zwar zu sehr lustigen und internationalen Partys, erfüllt aber andererseits nicht die ursprüngliche die Idee eines Auslandssemesters, das Gastland und die Menschen darin kennen zu lernen. Aber immerhin: Keith wird mittlerweile etwas kommunikativer und auch mein „Buddy“ Andrew, ein heimischer Student, der den jeweiligen Erasmus-Studenten ein bisschen an die Hand nehmen soll, scheint ein sehr netter Kerl zu sein, der uns bestimmt bald mit in seinen Stamm-Pub nehmen wird.

Heute Abend ist allerdings erstmal wieder internationales Feiern angesagt. „International Life Dublin“, eine Studenten-Organisation, lädt zur „80-ies Night“, vorher gibt es einen Umtrunk bei uns. Sláinte!

– Steffi

Party im House of Wax

In Dublin liegt das Geld auf der Straße. Wirklich! Wir haben bisher schon bestimmt drei Euro in kleinen Münzen gefunden, die jemand verloren hatte. Leider liegt da nicht nur Geld. Wie in jeder größeren Stadt, haben die Hundebesitzer anscheinend wenig Grünflächen und Gewissen, so dass in bestimmten Gegenden der Spaziergang zum Spießrutenlauf wird. Außerdem scheint im Moment die Müllabfuhr zu streiken, oder sehr unzuverlässig zu sein. Besonders interessant ist das starke soziale Gefälle: An unseren Appartmentblock, den ein Security-Mensch bewacht und der anscheinend oft gesäubert wird (fast nie Hundesch… zu sehen) grenzt eine Straße mit den typischen roten Häusern. Und sofort steigt die Menge an Kot exponentiell an, die hellen Laternen weichen Energiesparlampen und die Anwohner sind keine Studenten/finanziell bessergestellten, sondern Arbeiter oder undefinierbare Typen in Kapuzenjacken.

Wir haben mittlerweile die Erasmus-Party und einen netten Abend im Pub hinter uns gebracht (letzteres im Touristenviertel Temple Bar – zwei Pint Guinness: 10 Euro). Mittlerweile kennen wir auch einige der anderen, nichtdeutschen Erasmen so gut, dass wir zu einem kleinen Umtrunk bei uns daheim einladen konnten. Zu Gast waren Annelen, zwei Engländerinnen namens Natalie und Lisa (Spitzname Boobin) sowie eine Belgierin namens Charlotte. Wir hatten viel Spaß und lernten Trinkspiele anderer Länder kennen. Die Deutschen wiederum konnten Knacks und Meier weitergeben, so dass der interkulturelle Austausch im vollen Gange ist. Dafür sind wir ja schließlich hier. Morgen geht die Uni richtig los, mal sehen was da auf uns zukommt. Immerhin haben wir jetzt unsere Studentenausweise – und neue, irische Handynummern. Wer die haben möchte kriegt sie per Mail – auf einem öffentlichen Blog möchten wir die dann lieber doch nicht veröffentlichen.

Heute waren wir im Wachsfigurenmuseum von Dublin. Leider ziehen die im Moment um, so dass nicht alle Exponate bereits an ihrem Platz waren. Trotzdem hatten wir viel Spaß – vor allem Steffi, die unbedingt ins Kinderparadies wollte („no adults without kids“) und deswegen am Ende durch einen Tunnel kriechen musste. Die irische Sagenwelt, wahrscheinlich einer der interessantesten Teile der Ausstellung, fehlte fast komplett. Ebenso wie Mel Gibson als William Wallace oder Colin Farrell… Aber darauf angesprochen, drückte mir der Kassierer viele Rabattbons in die Hand, so dass wir nun gaaaaanz oft ins Wachsfigurenkabinett gehen können.

– Anton

Jetzt geht´s los!

Durch die letzten Einträge könnte man auf die Idee kommen, wir seien nur zum Spaß nach Dublin gekommen. Aber nein, da gibt es ja auch noch den Ernst des Lebens – die Universität.

Nach einer letzten Gnadenfrist am Montag, die wir nochmal zum Training im Fitness-Studio genutzt haben, ging es gestern „richtig“ los. Naja, fast richtig. Sagen wir, die Einführungswoche ging los. Dabei wird von uns noch nicht wirklich geistige Beteiligung gefordert. Vielmehr gibt es eine schier nicht zu bewältigende Masse an Informationen über Angebote, Möglichkeiten und Partys, die wir doch auf keinen Fall verpassen bzw. auslassen sollen. Scheint, als wäre es eine anstrengende Sache, aus so einem Auslandssemester die „beste Zeit seines Lebens“ zu machen. 😉

Gelernt haben wir aber auch einiges während dieser ersten zwei Tage an der Uni, nämlich:

– Von uns bis dort sind es etwa 30 Minuten zu laufen. Das ist ganz gut machbar. Ob wir das immer noch so sehen, wenn es zum ersten Mal auf dem Weg dorthin regnet, wird sich zeigen …

– Iren haben zum Teil einen sehr lustigen Akzent. Besonders, wenn sie aus Cork kommen.

– „Rocket“ heißt nicht nur Rakete, sondern auch Rucola.

– Gut Ding will Weile haben. Einen Stundenplan für uns Journalisten gibt es noch nicht.

– Wer ein Auto hat, findet schnell Freunde …

Übrigens sind wir fürs Erste die letzten Dortmunder Studenten, die mit Erasmus nach Dublin fahren können. Die Zusammenarbeit zwischen DIT und TU Dortmund wird eingestellt, da hier in Irland der Studiengang „Journalismus mit Deutsch“ (oder so ähnlich) ausläuft. Da sie nur Studenten aus diesem Studiengang nach Deutschland geschickt haben, also in Zukunft keine mehr schicken können, wollen sie dann auch keine mehr von uns. Wirklich schade!

Morgen kommt dann noch die Tour durch die Bibliothek auf uns zu, außerdem Livemusik im Pub. Es lebe Irish Folk!

– Steffi

Sightseeing Teil 2

Irland hat eine Menge Kirchen, Dublin zwei besonders große: Die St. Patricks-Cathedral und die Christ Church Cathedral. Architektonisch sind sie vielleicht nicht so spannend wie die großen Kirchen Spaniens oder Italiens, aber dennoch einen Besuch wert. Wir hatten Glück: Erstens liegen beide nah beieinander und zweitens auch noch in Fußmarschnähe unseres Appartments, so dass wir weder Parkplätze suchen noch die Luas-Pläne enträtseln mussten. Die St. Patricks-Cathedral war interessant. Sie wird zwar noch in ihrer Funktion als Kirche genutzt, aber hinter dem Kirchentor liegt erstmal ein Souvenirshop (und Eintritt kostet das auch). Soviel zur Säkularisierung. Die Kirche selbst ist großteils wie ein Museum aufgebaut: Es gibt Informationstafeln aller Art und diverse Artefakte zu sehen. Außerdem liegt hier Jonathan Swift begraben, der anscheinend ein cooler Typ war – so hat er (vor seinem Tod) seinem verstorbenen Diener eine Gedenktafel aufstellen lassen, in einer Kirche, in denen sonst nur Statuen und Gedenktafeln für die Herren und Damen der Oberschicht stehen.

In der Christ Church erwartete uns eine nette Überraschung: Eine Ausstellung zum Dublin der Wikingerzeit und des Mittelalters. Wir waren sehr angetan und haben viel erfahren, z.B. dass Dublin sich aus einem Wikingerhandelsposten am „schwarzen Teich“ (gälisch: Dubh Linn) entwickelt hat. Außerdem gabs viel wissenswertes zum Leben der Wikinger, neben den üblichen Infos („die hatten gar keine Hörnerhelme“) auch Einblicke in Runenschrift und Toilettengewohnheiten. Merke: Getrocknetes Moos ist sehr wertvoll als Klopapier. Auf der Mittelalterausstellung begeisterte vor allem ein Markt, bei dem unter anderem auf den Mann am Pranger werfen konnte. Traf man die Nase, erfuhr man sein Verbrechen – Diebstahl eines Weißbrotes o.ä. Wir hatten jedenfalls Spaß.

Der kirchlich genutzte Teil der Christ Church war mäßig spannend, es gab jedoch eine nette Krypta mit Kirchenschatz. Außerdem waren dort eine mumifizierte Katze und Ratte zu sehen. Anscheinend ist letztere hinter die Orgel geflüchtet, erstere hinterher, steckengeblieben… und irgendwann hat man die beiden dann gefunden. Der Schatz bestand aus einer Menge „silver-gilted“ Teller und Krüge. Für die Nicht-Experten unter uns (ich musste auch nachschauen): Sie waren also aus Silber, aber vergoldet, was erheblich billiger ist und trotzdem ganz gut aussieht.

Heute haben wir dann unser Treffen mit unserem persönlichen Fitnesstrainer gehabt und ein Programm ausgearbeitet bekommen. Ganz schön anstrengend und wir freuen uns auf den Muskelkater morgen – aber wenigstens tun wir was. Die Taekwondo-Schulen in Dublin sind leider nicht in unserer Nähe. Ich muss mir noch überlegen, ob ich einer davon beitrete – es wäre natürlich gut, um nicht aus der Übung zu kommen, andererseits weiß ich auch noch nicht, welchen Aufwand die Uni mit sich bringt.

– Anton

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